Über unseren Erfolg entscheiden Lehrer*innen

Digitale Spiele können nur einen Nutzen haben wenn sie auch genutzt werden. Wie sorgen wir genau dafür?

Wir hatten also für uns das Ziel definiert für 9 bis 12 Jährigen die Möglichkeit zu schaffen sich im im Rahmen eines digitalen Spiels, mit den Möglichkeiten von politischer Partizipation in Deutschland auseinanderzusetzen.

Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es verschiedene Bereiche im Blick zu behalten. Ganz logischerweise fällt der Blick auf die Zielgruppe, die potentiellen Spieler*innen. Wir überlegten uns also wie das Spiel beschaffen sein sollte: Welche demokratischen Prozesse sollten wir wie thematisieren? Und wie stellen wir Vertrauen von Spielenden zu unserem Spiel und dessen Inhalt her? All diese Fragen beschäftigten uns in der Planung des Projekts. Auf all diese Fragen fanden wir mehr oder weniger schnell Antworten. Bei einigen konnten wir auf eigene Erfahrung zurückgreifen, bei anderen holten wir uns Hilfe beispielsweise bei anderen, erfahreneren Spieleentwickler*innen und Menschen aus der politischen Bildung.

Die vielleicht wichtigste Entscheidung war, allen Inhalt und die gesamte visuelle Repräsentation gemeinsam mit Jugendlichen zu entwickeln. Diese Entscheidung resultiert aus den Learnings aus Spieleentwicklungsprojekten der Vorjahre. In mehreren Projekten in den Jahren 2017 und 2018 hatten wir mit ortsbasierte mobile Spiele die Aufgaben der Kommunalpolitik sowie politische Partizipation, vorwiegend im Kommunalen, bearbeitet. Hierbei kamen teils Spiele zum Einsatz, die von Professionellen für Jugendliche gebaut wurden, teils erstellten Jugendliche Spiele für ihre Peers. Bei ebendiesen, von Jugendlichen erstellten Spielen, zeigte sich, dass die Jugendlichen Spieler*innen diesen, ein sehr hohes Vertrauen entgegenbrachten und damit deutlich aufgeschlossener für die Auseinandersetzung mit deren Inhalt waren.

Somit schien es für uns unumgänglich, in dem Spieleentwicklungsprozess Menschen, die unserer Zielgruppe möglichst nahe sind, an der Produktion zu beteiligen. Wenn wir nun also ein Spiel erstellt haben, dass Spaß macht, die zu Behandelnden Themen gut aufarbeitet und auch noch das Vertrauen der Spieler*innen weckt könnte man meinen, wir hätten unser Ziel erreicht. Doch an diesem Punkt müssen wir uns unser Ziel noch ein Mal genau ansehen.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, es Kindern zwischen 9 – 12 zu ermöglichen, sich im im Rahmen eines digitalen Spiels mit den Möglichkeiten politischer Partizipation auseinanderzusetzen. Bei ehrlicher Betrachtung fiel uns auf, dass das alleinige Gestalten des Spiel den Kindern nicht die Möglichkeit geben würde, dich mit dem Möglichkeiten politischer Partizipation auseinanderzusetzen. Sie müssen ja auch in die Gelegenheit kommen das Spiel zu Spielen.

Natürlich könnten wir das Spiel nach seine Produktion auf unserer Homepage hochladen und davon, auf unseren Social Media Kanälen davon berichten und hoffen, dass es sich jemand herunterlädt. Die Reichweite und damit die Auswirkungen des Projekts wären damit absehbar verschwindend gering. So würden wir also unser Ziel nicht erreichen.

Wir entschieden uns, dass das Spiel in der Schule gespielt werden sollte, um einerseits viele Kinder zu erreichen und weil wir es für sinnvoll halten, dass der Inhalt pädagogisch begleitet und kontextualisiert wird. Da wir also wollten, dass unser Spiel in der Schule eingesetzt wird, mussten wir überlegen wie wir dafür sorgen dass dies auch passiert. Denn wünschen und hoffen lässt sich viel. Uns war also gleich klar, dass wenn wir ein Spiel für die Schule konzipieren, kein Weg an den
Lehrer*innen vorbei führt. Somit begann die Beschäftigung mit dem Wesen, dem Alltag, den Wünschen und Ängsten von Lehrer*innen im Bezug auf Digitales und auf Spiele.

Wir haben also mit Lehrer*innen darüber gesprochen welche digitalen Tool und welche Spiele sie bisher genutzt haben. Was ihnen daran gefallen hat und was nicht. Als nächstes haben wir ihnen andere Tools und im Besonderen Spiele gezeigt und sie gefragt ob und wenn nicht, warum sie diese nicht einsetzen würden. Somit konnten wir Faktoren identifizieren, die dafür sorgen, dass ein digitales Tool und/oder ein Spiel im Unterricht nicht eingesetzt wird. Häufig sind dies kleine Faktoren, die bei Betrachtung von außen marginal erscheinen, aber im Schulalltag bei einigen Lehrkräften ganz praktisch dafür sorgt, dass sie lieber ein anderes Lehrmaterial nutzen.

Es fängt an beim Thema Lizenzen und Bezahlen. Nicht immer ist es die Summe, die das Problem darstellt. Denn es kann allein schon das Bezahlen selbst sein. Wer bezahlt? Welcher administrative Aufwand steht dahinter? Kann ich eine Lizenz so oft nutzen wie ich möchte oder brauche ich eine für jede*n Schüler*in? Bei einem kleinen Prozentsatz der Lehrer*innen hat die Hürde des Bezahlens in der Vergangenheit dazu geführt, dass sie ein digitales Tool nicht genutzt haben. Ein gefühlt zu großer Aufwand oder nicht wissen ob sich die Investition denn lohnt sind Beispiele für eine Vielzahl von Gründen rund um das Thema Kosten.

Ein scheinbar leicht zu überwindendes Problem wie das individuelle Einloggen kann Lehrer*innen schon die Haare zu Berge stehen lassen. Wenn sich in einem Tool am Dienstagnachmittag 28 Schüler*innen mit einer Mailadresse anmelden, sich einen Nickname und ein Passwort ausdenken und schlussendlich auch noch merken sollen, kann das zu so vielen Fragen und so einem großen Chaos führen, dass ein Lehrkraft kurzerhand sagt: „Klappt die Laptops zu, schlagt die Bücher auf“. Den nächsten Punkt stellt die Hardware da, von der in vielen Fällen nicht die vorhanden ist, die man gerade bräuchte oder dass diese im Moment nicht einsatzfähig ist.

Es besteht Hoffnung, dass Schulen künftig etwas besser ausgestattet sein werden. Dennoch können wir davon ausgehen, dass unterschiedliche Schulen unterschiedlich gut ausgestattet sein werden. Stärker ins Gewicht fallen die Nutzbarkeit der Spiele im Schulalltag. hierbei lohnt es sich einen genaueren Blick auf die spezifischen Arbeitsweisen im Universum Schule zu werfen. Hierbei helfen schon so einfache Eckdaten wie die Länge einer Schulstunde von 45 Minuten weiter. Die Unsicherheit darüber, wie lange ein bestimmtes Spiel gespielt werden sollte um es sinnvoll zu behandeln, sowie die zeitliche Gebundenheit an die Lern- und Lehreinheit der Schulstunde beschäftigen Lehrer*innen. Durch diese Faktoren stehen digitale Spiele, gegenüber klassischen, erprobten und gut aufbereiteten Lehrmethoden als deutlich vorbereitungsintgensiver und unsicherer da.

Wenn wir uns darüber hinaus, andere Lehrmaterialien ansehen und schauen wie diese genutzt werden, fällt auf, dass es häufig unterschiedlich ausführliche Materialien gibt, die flexibel erweitert oder verkürzt werden können. In der Regel gibt es gute Übersichten, über den behandelten Stoff, sowie Lehrkräftematerial mit Fragenbeispielen und Zusatzinformationen. Nachdem wir uns einerseits angesehen haben, wie die Arbeitsweisen und Arbeitsmaterialien von Lehrer*innen beschaffen sind und Faktoren identifiziert haben, die dazu führen können, dass digitale Tool in der Schule nicht eingesetzt werden, konnten wir das Setup für unser Spiel an ebendiese Ergebnisse anpassen. Somit haben wir ein Spiel erstellt, dass kostenlos im Browser, auf allen Geräten ohne Login spielbar ist.

Jedes Kapitel hat im Mittel eine Spiellänge von ca. 10 Minuten und ist eine logische Einheit mit einem eigenen Unterthema. Um Spiel gibt es ein Begleitmaterial für Lehrkräfte, in dem der gesamte Ablauf des Spiels verschriftlicht ist und die jeweiligen Lernziele benennt. So wie unser Spiel jetzt aufgestellt ist, haben wir also nicht nur ein hoffentlich glaubwürdiges Spiel spannendem Inhalt entwickelt, sondern die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass diese den Einsatz des Spiels tatsächlich ermöglichen.

Das Mitdenken des konkreten Einsatzes halten wir für enorm wichtig, weil wir schon so viele gute Spiele gesehen haben, die leider gar nicht oder viel zu wenig eingesetzt werden, weil sie für Lehrer*innen zu unkomfortabel sind. Und mit ebendiesen steht und fällt der Einsatz von Spielen in der Schule. Natürlich können wir uns wünschen, dass die Lehrer*innen anders gestrickt wären oder dass die Bedingungen in Schule anders wären, aber wir als Spieleentwickler*innen müssen uns natürlich auch an die Einsatzorte anpassen wenn wir einen
Unterschied machen und etwas bewegen wollen.