Teilhabe fördern und Teilhabe fordern: Peer-Learning zum gemeinsamen Weg in eine digitale Demokratie

Der Innovationswettbewerb bringt fünf Projekte ins Tun, die innovative Wege gehen, um die Potentiale der Digitalisierung für unsere Demokratie auszuloten. Ob der verschiedenen Lösungen – von Plattform bis App –  eint die Projekte ein Ziel: mehr Teilhabe ermöglichen, gemeinsam Gesellschaft gestalten. Dickes Brett. Da hilft es, sich untereinander auszutauschen, Herausforderungen zu benennen und die Erkenntnisse des anderen mitzunehmen. Dazu sind die Projekte im zweiten Workshop von demokratie.io bei uns im betterplace lab zusammengekommen.

 

Ziel dieser Zusammenkunft war, das vorhandene Wissen aus den einzelnen Köpfen heraus zu befördern. Um wenig frontal vorzugeben und Input aus den verschiedenen Expertisefeldern herauszukitzeln, gab es eine Hausaufgabe vorab: Jedes Projekt sollte eigens eine Session vorbereiten. Die Richtung konnte man hier selbst vorgeben: Entweder in der „Transfer-Session” die Fortschritte und Herausforderungen aus dem eigenen Projekt aufbereiten und diese Learnings für andere fruchtbar machen. Oder das Ganze eine Ebene nach oben heben, und in einer „Meta-Session” ein übergeordnetes Thema behandeln, das auch abseits vom eigenen demokratie.io-Projekt Relevanz hat und im Kosmos der “digitalen Demokratie” wabert. Hauptsache: Ins Nachdenken kommen, Erkenntnisse weitergeben, diskutieren, neue Denkanstöße entwickeln.

 

Die großen Fragen stellten zu Beginn die Projekte abgeordnetenwatch.de goes Video und FragDenStaat für NGOs, als wir uns in deren „Meta-Sessions“ damit auseinandergesetzt haben, wie die Zivilgesellschaft wirksam mit der Politik zusammenarbeiten kann.

Und, wie kann denn nun co-kreative Gestaltung von Politik aussehen? Hier unsere Erkenntnisse als Mini-How-To:

  • Verbündete finden: Progressive AkteurInnen im politischen Raum identifizieren, die als Change Agents fungieren können. Diese für die eigene Idee begeistern, gemeinsam und im Austausch die nächsten Schritte gehen.
  • Zunächst mit dem Zuckerbrot krümeln: Wenn auch die besten Argumente zur eigenen innovativen Idee nicht fruchten, sollte man bestimmt darlegen, dass der Bedarf für die Lösung eines gesellschaftlichen Problems groß ist. Um sich Gehör zu verschaffen, hilft es, das Ganze in eine schöne Story zu verpacken. Die könnte lauten: “Wir helfen als zivilgesellschaftliche Organisation mit der Transkription und Kommentarfunktion von Videos politischer Debatten dabei, inklusive Teilhabe zu ermöglichen. Das zu unterstützen, hilft auch der politischen Agenda. Win-Win!”
  • Wenn erforderlich, die Peitsche auspacken: Öffentlichen Druck aufbauen und eine Lobby für marginalisierte Gruppen laut werden lassen. Das kann bis zur Skandalisierung eines Themas gespielt werden, was zwar Teilerfolge für die eigene Agenda bringen kann, aber Zusammenarbeit erschwert. Das Ergebnis sollte schließlich nach der Aufregung wieder dasselbe sein: gemeinsam Lösungen erarbeiten, die der gesamten Gesellschaft zugute kommen.

Ein kollaborativer Ansatz zur Politikgestaltung sei natürlich vorausgesetzt. Es braucht bei allen Stakeholdern Offenheit und Innovationswillen, Multi-Perspektivität, Muße und ein bisschen Mut.

 

Doch wie spielt nun Digitalisierung da rein, was meint Digitalisierung im Kontext von Demokratie und Politikgestaltung? In der nächsten Session wollten wir uns einer Antwort nähern, indem wir den großen Begriff “digitale Demokratie” in Themenbereiche unterteilt haben. Das Herunterbrechen in Begriffe wie „digitale Bildung“, „digitale Verwaltung“ und „digitale Teilhabe“ ermöglicht es, spezifischer zu eruieren, was Digitalisierung für den jeweiligen Bereich bedeutet. Doch es wurden auch Gemeinsamkeiten erkennbar, denn für alle Bereiche gilt:

  • Toolizifierung ist nicht die Lösung! Es reicht nicht, über alle Prozesse eine digitale Lösung zu stülpen. Der bedarfsgerechte Einsatz digitaler Lösungen sollte das Ziel sein, nicht “digital first”.
  • Nicht alles in einen Topf werfen! Digitale Bildung zum Beispiel lässt sich aufdröseln in Infrastruktur, Methoden und Inhalte. Digitalisierung muss entsprechend der jeweiligen Ebene durchdacht werden.
  • Beteiligung nicht anhand der Dualität online – offline festmachen! Hinter digitalen Beteiligungsmöglichkeiten sollte ein fundiertes Konzept stecken, das mehr erlaubt, als einen Klick. Die Einbettung in einen weiteren Beteiligungsprozess ist zentral für den Erfolg.
  • Es braucht Treiber für digitale Demokratie! Ob die nun aus den politischen Reihen kommen oder aus der Zivilgesellschaft: Veränderungsprozesse müssen zunächst gewollt, und dann gemeinsam angegangen werden!

 

In den anschließenden „Transfer-Sessions“ schauten wir in einer Sneak Peek auf die Plattform-Entwicklung von Digi.Dem.Cities, durften die neue Eule für das Aula-Logo bewerten und diskutierten mit Un/Sichtbares Jena, ob das Streben nach einer (Anschluss-)Finanzierung immer auch eine Governance-Frage ist. Das anregende Feedback zu den Fragen aus den Projekten zeigte: viele ExpertInnen im Raum bedeutet viel Wissen im Raum!

 

Am Ende des Tages haben wir uns noch etwas Zeit genommen, Feedback zum gesamten demokratie.io-Projekt einzusammeln:

 

 

Wer das Kleingedruckte nicht lesen mag, hier ein Best of der Feedback-Punkte:

Was war gut?

  • Idee der Innovationsförderung
  • Einbindung einer externen Jury
  • Freiheit in der Projektumsetzung
  • viel Austausch zwischen den Projekten, Vernetzung auch darüber hinaus, Synergieeffekte
  • Capacity Building zu Wirkungsorientierung
  • Experten-Input zu Themen wie Human Centered Design
  • Good Vibes 🙂

 

Wo ist Luft nach oben?

  • mehr inhaltliches Jury-Feedback
  • mehr Austausch zu anderen Bewerbern und Finalisten
  • weniger Blogartikel für die Learning Journey bzw. Redaktionsaufwand klarer machen
  • gestückelte oder kürzere Präsenz-Workshops
  • mehr Geld (eine für ein Tech-Projekt angemessene Fördersumme)
  • noch mehr (unterschiedliche) Expertise des betterplace lab mit einbinden
  • Außerdem: eine Brücke zur Anschlussfinanzierung bauen.

 

Wenn das auch noch nicht der Abschluss der ersten Förderphase war, so fühlte sich dieser letzte Workshop ein bisschen wie Abschied an. Zum Abschluss des Tages gab es jedenfalls allseits lächelnde Gesichter: